Trauerrede

Jeden von uns hier verbindet etwas mit Elisa: lange familiäre, geschwisterliche Wurzeln, geistliche, sächsische Wurzeln, stark liebende eheliche Wurzeln oder Zeiten der Freundschaft, des gemeinsamen Studiums, als Kollegen im Beruf …

Ich durfte Elisas Mentorin im Referendariat werden, sie kam zu mir etwas gebeutelt mit nicht leichten schulischen Vorerfahrungen und hat sich dann mutig bei uns eingearbeitet, fleißig und engagiert, wie ich sie in den letzten Jahren immer erlebt habe. Sie hat schnell dazugelernt und sich in ihrer Kreativität eingebracht.

Diese Zeit war aber auch überschattet von einem anhaltenden Husten, dann kamen die Arztbesuche, dann diese unfassbare Diagnose …

Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder schöne und auch tiefgehende Gespräche – es war ein Gedanke von ihr und Ulrich, dass ich ein paar Worte hier an diesem Tag an sie und euch richten darf. Ich werde diese inspirierenden Gespräche mit dir, Elisa, unglaublich vermissen.

Ich habe eine Elisa kennen gelernt, die trotz dieser Diagnose weiter unbeirrbar ihren Weg ging – voller Tatendrang nach Heiligenbronn, sich weiter fortbildete und Familien mit taubblinden Kindern unterstützte, sich zwischendrin immer wieder wie selbst eine Ärztin mit ihrer Krankheit auseinandersetze, die weiterhin Freundschaften und ihr Patenamt zu Mato pflegte, aber vor allem jeden einzelnen Moment in engster Familie und vor allem mit ihrem geliebten Ulrich genoss – die Zeit des abendlichen gemeinsamen Lesens mit Ulrich, Ausflüge, Reisen, die Ulrich liebevoll in vielen schönen Fotografien einfing.

Für ihn hörte ich zum ersten Mal Sorgen bei ihr, für seine Zukunft – da war dann doch auch Wut auf die Krankheit und das Gefühl von Ungerechtigkeit. Völlig berechtigt.

Aber ihr Fokus lag immer darauf das Jetzt zu genießen, die Reisen, die sie genossen hat, die Bücher, sogar das Versorgen von Bienen durch das Aussäen von Blumensamen – aber vor allem ihr Engagement für ihren Beruf – leidenschaftlich erzählte sie mir von den Kindern, die sie betreute, Systeme, die sie gerne mehr veränderte hätte, die Teilhabe dieser Kinder an der Gesellschaft. So wurde sie vielen Familien & Kindern eine Stütze in dieser so ungewissen Zeit für sich selbst.

An so einem Tag, mit Blick auf den Sarg, ist es gegeben, dass man sich aber auch die Frage nach dem Warum stellt. Und das ist in Ordnung. Es gibt schwierige Fragen im Leben. Und nicht nur die eine oder andere bleibt unbeantwortet.

Elisa hat sich mit einfachen Antworten nicht zufrieden gegeben, neben beruflichen Themen haben sie auch geistlich Dinge beschäftigt, sie hat mutig Fragen gestellt. Und das ist wichtig.

Und wie mit den Blumensamen für die Bienen ist sie nicht stehen geblieben, sondern hat gehandelt. Sie hat sich für viele taubblinde Kinder eingesetzt und zu Recht eine Auszeichnung im Dezember erhalten. Elisa ist weiter gegangen – dies wollen wir alle nachher symbolisch am Grab umsetzen. Jeder darf dort still werden und gedenken, ins Grab eine Blume oder Erde werfen. Aber beim Weggehen darf jeder nachher einen Blumensamen mitnehmen als Ausdruck dafür, wie es Elisa vorgelebt hat: nicht stehen zu bleiben, sondern etwas Neues, Vielfältiges, Buntes zu schaffen, das andere erfreut.

In der Bibel wird am Ende ein wunderbares Bild gezeichnet von einer Stadt, zu der Elisa auch im Leben schon Reisebezug hatte: Das himmlische, goldene Jerusalem:

Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Ich sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen. Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu. (Offenbarung 21)

Ich bin mir sicher, dass Elisa im himmlischen Jerusalem gerade eine Wohnung bezieht.

Und wer weiß – vielleicht töpfert sie dort gerade. Das Töpfern war ein Hobby, das sie in den letzten Monaten für sich entdeckt hat. Sie hat es geliebt, den blanken Ton mit den Händen zu formen, irgendwann kommt eine passende Idee und dann kann man sie individuell umsetzen – z.B. hat sie diese kleine Kanne geformt. Ich wollte sie symbolisch hier zeigen für viele Momente, die sie trotz ihrer Krankheit in den letzten Jahren genossen hat, für die sie stets dankbar war. Dankbarkeit für solche Hobbys, ihre Freunde, Familie, Kollegen, ihre betreuten Familien, für eine wunderbare Palliativärztin, besonders aber für ihren Ulrich.

Es war und ist eine Dankbarkeit, die ich immer ein Stück überirdisch an ihr fand und in der sie mir ein großes Vorbild ist.

Ich stelle mir gern vor, wie in ihrer himmlischen Wohnung, wo wir sie eines Tages wiedersehen dürfen, mehrere so schöner individueller Tonobjekte stehen werden … gezeichnet von Elisas Händen.

In Jeremia 18,6 heißt es: Siehe, wie der Ton ist in des Töpfers Hand, also seid auch ihr vom Hause Israel in meiner Hand.

Und da ist Elisa jetzt, geborgen in Gottes Händen, von guten Mächten treu und still umgeben.

Anne Wöhrle